"Die stecken doch alle unter einer Decke!… Ich habs
immer gewusst, der war nur ein Lobbyist. Traurig!… Wer wird die Menschheit schon
vermissen, wir rotten uns selbst aus und das ist auch gut so… Haha, Obama, wenn
ich den schon höre - auch nur eine Marionette der Waffenindustrie und
Bilderberger!!!!!...Indien? Hör bloß auf, schau dir mal an, wie die ihre
Unberührbaren behandeln oder die Frauen!?"
Wer kennt sie nicht? Die Verschwörungstheoretiker und
Zyniker. In den guten, alten Zeiten tippten sie sich die Finger wund, um der
Lokalzeitung ihre Weltsicht mitzuteilen, allen zu erzählen, was sich in der
Schweinebucht wirklich zugetragen hat und dass man Brandt doch bitte rasch
entlassen möge, diesen Ostagenten im Kanzleramt. Heute dürfen sie sich im
Internet austoben, Gleichgesinnte treffen und raunen, wer Kennedy wirklich
erschoss und auf wessen Payroll Osama Bin Laden stand. Beide Male lautet die Antwort
natürlich: Der militärisch-industrielle Komplex. Und das weiß der Schreiberling durch seine Recherchen, darf aber nicht zuviel verraten, weil er
sonst Besuch bekommt.
Sehen Sie bereits den schwarzen, lautlosen Hubschrauber vor
Ihrem Fenster?
Optimismus, Zukunftsfreude, Gestaltungswillen - das ist nicht
die Sache der Zyniker. Den Mangel an Positivem gleichen sie durch zwei Dinge
aus: Jede Menge Ausrufezeichen und persönliche Beleidigungen, wenn es jemand
wagt, das Geschehene schlicht so akzeptieren, wie es die Tatsachen nahelegen.
»Du glaubst die offizielle Version? Du Dummerchen!«
Was steckt hinter der meist latent aggressiven, zynischen
Grundhaltung vieler Zeitgenossen? Möglicherweise nicht die Erkenntnis der
tatsächlichen Wahrheit, sondern vielleicht genau das Gegenteil, das Bertrand
Russell so treffend in Worte gefasst hat:
»Zynismus ist das Ergebnis einer
Verbindung von Bequemlichkeit mit Machtlosigkeit.«