Gestern fanden im Osten unseres Landes zwei Landtagswahlen statt, deren Ergebnisse einen Trend verstärken, den wir schon seit einigen Wahlen beobachten können: Die FDP verschwindet langsam aber sicher von der politischen Bühne und mit der AfD gelingt eine Neugründung, die recht fulminante Erfolge feiert.
Mit den Inhalten der AfD möchte ich mich an dieser Stelle
gar nicht befassen, sondern insbesondere mit den bemerkenswerten Reaktionen
darauf. In politischen Runden, in den Medien, im Netz machen Empörungsvokabeln
und Beleidigungen die Runde, als würden blankpolierte Reiterstiefel von
Herrenmenschen durch unsere Straßen paradieren. Etiketten wie „Gartenzwerge“
und „Spießer“ bilden noch die freundliche Vorhut, bevor man das große Kaliber verschießt,
das meist mit Attributen der Sorte „braun“ oder
„reaktionär“ daher kommt.
Ultraerzstockreaktionärkonservativ
Kurzer Exkurs: Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass
alles Konservative in Medien und Politik gerne mit entsprechenden Präfixen
bedacht wird? Erzkonservativ oder -reaktionär, ultrakonservativ, neo-
wasweißich, man kann gar nicht genug steigern, um seine Verachtung gegenüber
diesem anscheinend merkwürdigen Weltbild auszudrücken, in dem Familie,
Tradition, Sicherheit, Nation und ähnliches eine Rolle spielt. In unserer Gesellschaft
hat sich inzwischen eine ganz spezielle Auffassung von Demokratie breitgemacht,
in der sich fast alle in den Parlamenten vertretenen Parteien nur noch zwischen
der Mitte und dem linken Rand bewegen. Das führt zu einer nahezu beliebigen und
austauschbaren Politik der jeweils Regierenden, die, natürlich, mit praktisch
allen im Parlament vertretenen Parteien koalieren können. Was so modern klingt,
spiegelt jedoch vor allem eines wider: Einen Mangel an Streitkultur, der einem
Verlust an klaren Positionen entspringt.
Der Backslash nimmt Fahrt auf
Wer qua Medien alles Konservative, aber auch alles
eigenständig Kulturelle oder Nationale als vorgestrig verunglimpft, darf sich
nicht wundern, wenn das Pendel in eine andere Richtung ausschlägt. Die ist
in ihrer Mehrheit weder dumpf noch reaktionär, sondern dort halten sich nicht
wenige Menschen auf, die einen ganz anderen Wunsch haben, als in der beliebigen
Konsenssoße deutscher Koalitionen zu ersaufen. Der Wunsch nach politischer
Auseinandersetzung, nach Diskussion, nach Streit. Nicht nach einer
alternativlosen Politik, die immer nur eine einzige Richtung geht: Weg von
jeder Art Stabilität und Koordinatensystem, letztlich weg von der eigenen
Heimat.
Faszinierend und für mich erfreulich: Die Menschen in Europa
sind doch nicht so leicht zu steuern, wie sich das viele in Politik und Medien
wünschen, die nicht verstehen können oder wollen, was sich vor ihrer Haustür
abspielt. Von der UKIP bis zur AfD entstehen Bewegungen, die die Politik zurück
zu ihren lokalen, regionalen und nationalen Wurzeln bringen möchten. Dass sich die Politik an ihre Sessel klammert und diese Bewegungen denunziert, ist nachvollziehbar - die Medien allerdings sollten sich nicht ständig zum Kumpan genau dieses Vorgangs machen.
Run, Chicken, run!