Donnerstag, 10. September 2015

Tschüss, Tagesschau!

Abschiede tun immer ein bißchen weh. Und einem Gewohnheitstier wie mir fällt es besonders schwer, auf geliebte Rituale zu verzichten. Aber nun ist es Zeit, das Taschentuch herauszuholen und Dir zuzuwinken.

Wie oft, werte Tagesschau warst Du für mich ein Fels in der Informationsbrandung, wieviel Autorität verkörperten Deine Sprecher? Vom Allzeitkönig Karlheinz Köpcke bis zur Hamburger Diva Dagmar Berghoff. DER feste Termin in deutschen und auch meinem Wohnzimmer: Zwanzichfuffzehn! Wir Kinder mussten leise sein, weil Papa ein Interview von Ernst-Dieter Lueg mit Herbert Wehner hören wollte. Ganz mein alter Herr übernahm ich die Gewohnheiten, auch meine Kinder durften keinen Mucks machen, wenn die Melodie das Wohnzimmer beschallte, im Grunde eine Ersatz-Nationalhymne der Deutschen.

Nu' is Schluss. Nicht nur mit Dir, Tagesschau, sondern auch gleich mit allen anderen Nachrichten im Öffentlich-Rechlichen, ach was, im kompletten, deutschen Free TV. Mit Dir hadere ich immerhin, RTL&Co sind nicht satisfaktionsfähig, von der Heulsuse Claus Kleber ganz zu schweigen. Was hat unsere Beziehung vergiftet?

Für mich ist schwer erträglich, was inzwischen, ich kann es einfach nicht anders ausdrücken, manipulativ ausgesucht und formuliert wird. Ein zwei Meter großer, 18jähriger Koloss, der erst einen Ladenbesitzer beklaut, dann zu Boden stößt, anschließend einen Polizisten entwaffnen will - alles belegt und bewiesen - und dabei zu Tode kommt, wird bei Euch zu einem "unbewaffneten Teenager", als hätte ein Bulle einen 13jährigen abgeknallt, weil er über den Rasen lief. Das einzige Land, das in der aktuellen, europäischen Krise von Anfang an auf die Einhaltung der EU-Gesetze drängte, wird bei Euch portraitiert, als handle es sich um ein Sammelbecken finsterster, rassistischer Schergen und dessen Regierungschef als wäre er der Leibhaftige. Kein Thema zu moderner Technik oder Wissenschaft, ohne dass ein Greenpeace Sprecher seinen Senf dazu geben darf und natürlich vor den Folgen warnt. Ein kürzlich verübter, barbarischer, politisch und rassistisch motivierter Mord vor laufender Kamera wird nicht thematisiert und kommentiert, weil die Hautfarben nicht ins übliche Schuldschema passen. Sonst seid ihr gleich mit betroffen dreinblickenden Reportern vor Ort, warum dieses Mal nicht?

Und so weiter und so fort. Ja, ich bin weinerlich an dieser Stelle, ganz gegen meine Art, weil... siehe oben, manche Veränderung will man einfach nicht schlucken. Aus einem seriösen Flaggschiff der Information, das primär informierte, wurde eine Sendung, die vor allem Meinung machen soll. Leider. 
Und leider werde ich Judith Rakers nicht mehr sehen können.
Das schwerste Opfer von allen!

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